Transkripte Ida und Fiete

Vom Feld zum Frühstück

„Knack“, macht es leise, als Hannah ein Weizenkorn zwischen ihren Fingern zerdrückt. Ida und Fiete stehen neben ihr auf dem goldgelben Getreidefeld. „Reif oder nicht reif?“, fragt die Landwirtin. Fiete hebt ein paar Körner auf. „Die sehen schon ziemlich trocken aus.“ Ida grinst: „Und sie krümeln so schön!“ Hannah nickt: „Wenn man die Ähre zwischen den Fingern reibt und das Korn fast von selbst herausfällt, ist das ein gutes Zeichen.“ Die drei gehen zum Auto der Landwirtin, das am Feldrand steht. Hannah öffnet den Kofferraum und holt ein silbernes Gerät heraus. „Damit messe ich die Feuchtigkeit. Wenn die Körner zu feucht sind, können sie nicht gelagert werden – dann würden sie schimmeln.“ Mit einem kleinen Messbecher nimmt sie Körner auf und füllt sie in das Gerät. „Wie entscheidest du eigentlich, welches Getreide du zuerst erntest?“, fragt Ida. „Meistens ernten wir zuerst Roggen. Weizen braucht ein bisschen länger – und Hafer lässt sich am meisten Zeit“, weiß Hannah. Fiete grinst. „So wie bei uns beim Aufstehen!“, ruft er. „Ich bin der Roggen, Ida ist der Weizen – und Papa ist der Hafer!“ Alle lachen. Hannah erklärt weiter: „Wichtig ist, das Korn nicht zu früh zu ernten. Deshalb messe ich die Feuchtigkeit.“ In diesem Moment piept das Gerät. Sie nickt zufrieden. „13,4 Prozent Restfeuchte. Das ist trocken genug. Es kann losgehen mit der Ernte!“

Wenig später kommt der riesige Mähdrescher an. Fiete winkt aufgeregt. „Juhu, Jan fährt, den kennen wir schon vom Grashäckseln“, freut er sich. Jan öffnet die Tür der Mähdrescherkabine und steigt die hohe Leiter hinunter. „Na, möchtet ihr mitfahren?“ „Oh ja!“, antwortet Fiete mit leuchtenden Augen. „Geht los“, meint Jan. Er bespricht sich kurz mit Hannah, dann deutet er Fiete auf den Mähdrescher zu steigen. „Du bist danach dran“, sagt er zu Ida. Fiete staunt, als er in der Kabine ankommt. „Ist das hoch! Von hier oben sieht das Feld noch größer aus.“ Drinnen ist es fast wie im Cockpit eines Flugzeugs, findet Fiete. „So viele Knöpfe und überall Bildschirme!“ Jan lacht. „Auf dem großen Monitor sehe ich, wie viel Korn wir ernten. Und hier“, er zeigt auf einen Hebel, „steuere ich das Schneidewerk. Bist du bereit?“

Jan manövriert die große Maschine langsam auf das Feld und lässt das Mähwerk hinunter. Dann geht es los. Fiete beobachtet, wie unten die Halme abgeschnitten und in den Mähdrescher gezogen werden. „Wo genau kommen die Körner hin?“, möchte er wissen. „Die Körner werden im Inneren des Mähdreschers vom Stroh getrennt. Danach kommen sie in den Tank und das Stroh fliegt hinten wieder raus“, erklärt Jan. „Das wird dann zu Ballen gepresst, und Hannah benutzt es zum Einstreuen im Stall“, weiß Fiete. Jan nickt: „Ganz genau. Und schau mal hier.“ Er deutet auf ein kleines Fenster, durch das man in den Korntank schauen kann. „Wow, das sind aber viele Körner“, findet Fiete. „Ein Hektar Weizen ergibt oft mehr als 7.000 Kilo Körner“, erklärt Jan. „Und was machst du, wenn der Tank voll ist?“ „Dann fahre ich an den Anhänger heran und lasse das Korn über ein Rohr in den Anhänger laufen“, sagt Jan.

Am Feldrand stehen Ida und Hannah und beobachten, wie der Mähdrescher seine Bahnen fährt. „Ich finde, es ist gar nicht so leicht zu erkennen, welches Getreide gerade auf einem Feld wächst“, meint Ida. „Das ist auch nicht so einfach“, stimmt Hannah ihr zu. „Aber es gibt ein paar Tricks, wie man es sich besser merken kann. Weizen zum Beispiel ist goldgelb und hat kleine, dichte Ähren. Roggen bildet auch Ähren, aber sie sehen etwas wuscheliger aus und haben feine Härchen. Außerdem ist Roggen heller und eher gräulich.“ „Und dann wächst bei dir doch noch Hafer, oder?“, tippt Ida. „Genau! Direkt auf dem Feld nebenan.“ Hannah überquert den Weg und zieht eine Haferpflanze aus dem Boden. „Hafer bildet keine Ähren, sondern Rispen. Und das hier, was um die Körner liegt, sind Spelzen.“ „Spel- … was?“, fragt Ida und zieht eine Augenbraue hoch. „Spelzen“, wiederholt Hannah. „Das ist eine Art Schutzmantel fürs Korn. Die Spelzen kann man nicht mitessen, weil sie hart und pieksig sind. Sie sitzen so fest, dass man sie nach der Ernte extra entfernen muss – mit einer speziellen Maschine in der Mühle.“

Nun wird es laut – Jan und Fiete kommen mit dem Mähdrescher angefahren und halten direkt neben dem Anhänger, den Hannah am Feldrand abgestellt hat. Ein großes Rohr klappt seitlich aus dem Mähdrescher heraus und schon rieseln tausende Körner wie eine Getreidedusche in den Anhänger. Ida hält sich die Hand schützend vors Gesicht. „Ganz schön staubig“, stellt sie fest. Hannah lacht. „Ja, das stimmt, da lohnt sich die Dusche heute Abend.“ Als der Tank leer ist, fahren Jan und Fiete mit dem Mähdrescher weiter. „Jetzt geht’s auf Tour!“, ruft Hannah. Die Landwirtin und Ida steigen auf den Trecker, um das Korn zur Lagerhalle zu bringen. „Was wird nun aus dem Korn?“, fragt Ida. „Aus dem Weizen wird meist Mehl gemahlen. Damit kann man Brot, Brötchen oder Kuchen backen. Oft werden auch Nudeln aus Weizen hergestellt.“ „Und der Roggen?“, ist Ida neugierig. „Roggen ist auch gut für Brot – vor allem für kräftiges, dunkles. Außerdem kann man daraus Müsli oder Knäckebrot machen“, erklärt die Landwirtin. „Was macht man aus Hafer?“, möchte Ida wissen. „Aus Hafer macht man Haferflocken, Porridge, Kekse – oder Hafermilch.“

Als sie bei der Lagerhalle ankommen, fährt Hannah erst auf eine riesige Waage. „Warum muss der Trecker gewogen werden?“, wundert Ida sich. „Damit wir wissen, wie viel der Weizen wiegt“, sagt Hannah. „Das Gewicht vom Trecker und Anhänger wird abgezogen.“ Anschließend lenkt die Landwirtin vorsichtig durch eine große Toreinfahrt. Dann öffnet sie die Klappe des Anhängers. Das Korn rutscht in ein tiefes Metallgitter im Boden. „Von hier aus kommt es in riesige Silos“, erklärt Hannah. „Dort bleibt der Weizen kühl und trocken, bis er weiterverarbeitet wird.“ Ida steht staunend daneben. „Und wann wird der Weizen zu Mehl?“, möchte sie noch wissen. „Bevor aus dem Korn Mehl wird, passiert noch ganz schön viel. Zuerst wird das Getreide in einer Mühle gründlich gereinigt. Dann wird es mit Wasser besprüht, damit es besser gemahlen werden kann. Danach wird das Korn in vielen Schritten zermahlen und gesiebt“, weiß Hannah. „Wow“, staunt Ida. „So ein langer Weg!“ Hannah grinst: „Ja, dahinter steckt viel Arbeit.“ Ida denkt kurz nach und sagt dann: „Ich werde jetzt jedes Mal daran denken, wenn ich ein Brötchen esse.“ Hannah zwinkert ihr zu: „Das ist das Schönste, was mir als Landwirtin passieren kann.“

Willkommen im Hotel Krabbelglück

Es ist Samstagmorgen und Ida und Fiete stehen in Gummistiefeln vor ihrem Hochbeet. Vor ein paar Tagen haben sie entdeckt, dass ihre Erdbeerpflanzen kleine grüne Früchte angesetzt haben. Nun beobachten sie fast täglich, wie schnell sie wachsen. „Bald können wir Erdbeeren naschen!“, meint Ida vorfreudig. Sie zupft vorsichtig ein paar Unkräuter aus der Erde. Fiete gräbt mit einer Schaufel einen Löwenzahn aus. „Guck mal!“, ruft er plötzlich und zeigt auf eine dicke, gekringelte Larve im Boden. „Was ist das? Ein weißer Wurm mit Haaren!?“ Ida kommt näher: „Ne, das ist kein Wurm. Das hat doch Beinchen.“ Auch wenn sie nicht wissen, was das für ein Tier ist – Fiete will nicht, dass es an den Erdbeeren knabbert. Gerade als er das Tierchen mit der Schaufel aus dem Beet befördern will, hört er eine Stimme hinter sich. „Stopp, nicht rauswerfen! Das ist eine Maikäferlarve.“ Opa Karl, der gerade mit Oma Heike zu Besuch ist, stellt sich zu ihnen.

„Eine Maikäferlarve?“, fragt Fiete neugierig. „Was macht die hier?“ „Sie wächst, bis sie ein Maikäfer wird“, erklärt Opa. „Und wann ist das?“, möchte Ida wissen. „Das kann tatsächlich sehr lange dauern – drei bis vier oder manchmal sogar fünf Jahre.“ Opa nimmt die Larve vorsichtig in die Hand und hält sie Ida und Fiete hin, damit sie sie genauer anschauen können. „Die Larven leben unter der Erde und fressen Wurzeln. Nachdem sie sich verpuppt haben, schlüpfen sie als Käfer und krabbeln aus dem Boden.“ Fiete staunt. „Drei Jahre? Das ist ja ewig!“ Opa nickt. „Hast du eine Idee, warum sie so lange unter der Erde bleiben?“ Fiete schüttelt den Kopf. „Engerlinge, so nennt man die Larven auch, wachsen sehr langsam“, erklärt Opa. „Und in der kalten Jahreszeit machen sie eine Art Winterschlaf.“ Ida betrachtet die Larve genau. „Die hat ja auch ganz schön was zu tun, damit aus ihr ein Käfer wird.“ „Stimmt“, meint Opa, „Dafür muss sich ihr ganzer Körper umbauen. Ein echter Zaubertrick der Natur – dafür braucht es gute Vorbereitung.“ „Heißen sie Maikäfer, weil sie im Mai zu Käfern werden?“, vermutet Fiete. „Genau! Sie schlüpfen meistens im Mai, daher der Name. Dann flattern sie umher, fressen Blätter und legen ihre Eier in die Erde. Danach sterben sie leider.“ „Ganz schön viel Arbeit für so ein kurzes Leben“, findet Ida. „Aber wenn die Larve unsere Pflanzen anknabbert, sollten wir sie nicht lieber woanders hinbringen?“ Opa überlegt. „Hmm, ja, gute Idee. Wir können sie auf die Wiese am Waldrand bringen.“

Ida und Fiete tragen die Larve vorsichtig zur Wiese und setzen sie behutsam ab. Dann graben sie ein Loch und setzen die Larve hinein. „Mach’s gut!“, sagt Fiete. Auf dem Rückweg zum Garten flattert plötzlich etwas an ihnen vorbei. Ida quietscht begeistert: „Ein Schmetterling!“ „Der ist ja wunderschön!“, staunt Fiete. „Was ist das für einer, Opa?“ „Das ist ein Tagpfauenauge“, weiß Opa. „Erkennst du die bunten Flecken auf den roten Flügeln? Sie sehen so aus wie große Augen und sollen Feinde wie Vögel abschrecken.“ „Schmetterlinge sind irgendwie lustig“, stellt Ida fest. „Sie sind als Raupen richtig gefräßig, aber als Schmetterlinge trinken sie nur Nektar, oder?“ „Ja! Raupen brauchen viel Energie zum Wachsen. Schmetterlingen reicht der Nektar zum Leben und Fliegen“, bestätigt Opa. „Wenn ihr aufmerksam hinseht, entdeckt ihr noch mehr Insekten in eurem Garten.“

Ida und Fiete sind jetzt richtig neugierig. Sie laufen durch den Garten zurück zu ihrem Hochbeet und schauen genau hin. Da krabbelt eine Ameise über das Holz, dort schwirrt eine Biene von Blüte zu Blüte, und unter einem Blatt sitzt eine Marienkäferlarve. „Guck mal, da ist eine Raupe!“, ruft Fiete. „Dann haben wir bald noch einen Schmetterling im Garten!“, freut sich Ida. Opa lächelt. „Bestimmt nicht nur einen. Und wisst ihr, was ihr tun könnt, um den kleinen Krabblern zu helfen?“ Fiete überlegt. „Blumen pflanzen? Damit sie genug Futter haben?“ „Richtig!“, nickt Opa. „Welche Pflanzen mögen Bienen und Schmetterlinge besonders?“ „Ich glaube, sie lieben Lavendel. Der wächst bei uns vor der Terrasse und auf ihm wimmelt es nur so von Bienen und Schmetterlingen“, weiß Ida. Opa hält seinen Daumen nach oben: „Ja, Lavendel mögen sie sehr. Manche Zuchtblumen haben allerdings kaum noch Pollen oder Nektar. Deshalb muss man bei der Auswahl aufpassen. Insekten mögen auch Ringelblumen, Kornblumen oder Kapuzinerkresse. Und Kräuter wie Thymian und Oregano. Wenn ihr wollt, können wir später noch ein paar Wildblumen aussäen, die lieben Insekten auch. Und je mehr es in eurem Garten summt und brummt, desto besser.“ Ida schaut ins Beet und grinst. „Also lieber bunte Blumen und ein bisschen Chaos – wie auf Papas Schreibtisch!“ Die drei müssen lachen.

Dann fällt Fiete noch etwas ein. „Ich glaube Insekten brauchen auch einen Unterschlupf.“ „Stimmt. Wie heißt das noch mal? Insektenzuhause?“, überlegt Ida. „Insektenhotel!“, erinnert Fiete sich. „Wir haben schon mal eins im Kindergarten gebaut. Können wir vielleicht auch eins basteln?“ „Oh ja!“, ruft Ida. „Dann brauchen wir ein paar Sachen“, sagt Opa. „Tannenzapfen, Stöckchen, leere Schneckenhäuser – darin fühlen sich Insekten richtig wohl.“

Begeistert laufen Ida und Fiete los, um alles zu sammeln. Später sitzen die drei im Schatten des Kirschbaums. Sie sortieren die zusammengetragenen Schätze: Nicht nur Stöckchen, leere Schneckenhäuser und Tannenzapfen, sondern auch kleine Rindenstücke und sogar ein paar hohle Bambusstäbe, die sie im Schuppen gefunden haben. „Das ist super Baumaterial“, sagt Opa zufrieden. „Jetzt fehlt nur noch ein kleiner Holzkasten.“ „Ich hole den Werkzeugkoffer!“, ruft Fiete begeistert. Gemeinsam bauen sie aus ein paar alten Brettern einen einfachen Rahmen, den sie in mehrere kleine Fächer unterteilen. Ida stopft Tannenzapfen in eine Ecke. Fiete steckt vorsichtig die Bambusstücke in ein anderes Fach. Opa hilft ihnen beim Festschrauben und gibt Tipps: „Wichtig ist, dass die Röhrchen trocken bleiben, sonst mögen Insekten sie nicht. Deshalb hängen wir das Hotel am besten unter dem Dachvorsprung auf.“

Als das Insektenhotel fertig ist, betrachten sie stolz ihr Werk „Sieht aus wie ein Mini-Haus mit vielen kleinen Zimmern“, stellt Ida fest. „Das wird Mama und Papa gefallen“, ist Fiete sicher. Gemeinsam tragen sie das kleine Hotel zur Hauswand. Sie befestigen es dort, wo schon morgens etwas Sonne hin scheint. „Jetzt könnt ihr jeden Tag schauen, wer eingezogen ist und mir berichten!“, schlägt Opa vor. Fiete nickt: „Das machen wir! Ich hoffe, ein Schmetterling zieht oben ein.“ „Oder ein Maikäfer mit Koffer“, kichert Ida. Opa lacht: „Na dann: herzlich willkommen im Hotel Krabbelglück!“

Auf zur Fahrradtour

Fiete wühlt durch die Kiste mit Spielsachen, die er aufräumen soll. Er hält inne. Zwischen Murmeln, Legosteinen und einem Springseil, blitzt etwas Silbernes hervor. Er zieht es heraus – eine Fahrradklingel mit bunten Punkten! „Ida, schau mal! Die habe ich letztes Jahr von Oma bekommen“, freut er sich. Ida nimmt die Klingel in die Hand und betrachtet sie. „Die ist ja richtig cool! Warum ist sie nicht an deinem Fahrrad?“ Fiete zuckt mit den Schultern. „Keine Ahnung. Aber jetzt könnten wir sie doch festschrauben. Hilfst du mir?“ „Klar“, meint Ida und gibt Fiete die Klingel zurück. Vor dem Rausgehen schauen die beiden in die Küche. Mama und Papa sitzen am Tisch, trinken einen Kaffee und besprechen die nächste Woche. „Seid ihr schon fertig mit Aufräumen?“, fragt Papa, als er die beiden sieht. Fiete räuspert sich: „Ähm, noch nicht ganz. Aber schaut mal!“ Er hält die Fahrradklingel in die Luft. „Die war in der Spielzeugkiste und Ida hilft mir, sie an meinem Fahrrad anzubringen. Ich räume danach auf, versprochen!“ Mama und Papa lächeln. „Na gut“, Papa zwinkert ihm zu.

Da kommt Ida eine Idee: „Wisst ihr, was wir dieses Jahr noch nicht gemacht haben?“ „Was?“, möchte Fiete sofort wissen. „Eine richtige Fahrradtour. Das Wetter ist so schön. Habt ihr Lust?“ Mama und Papa schauen sich an. „Das ist eine super Idee, Ida! Aber vorher müssen wir mein Fahrrad durchchecken. Es stand den ganzen Winter im Schuppen“, stellt Mama fest. „Machen wir mit allen Rädern“, meint Papa. „Die anderen haben wir auch länger nicht kontrolliert.“

Kurze Zeit später haben Ida und Fiete alle vier Fahrräder vor dem Schuppen aufgestellt. Mamas ist staubig und voller Spinnenweben. „Das müssen wir erstmal putzen“, findet Ida. Sie holt Wasser und einen Schwamm. Als Mama und Papa nach draußen kommen, blitzt Mamas Rad wieder. „Wow, das sieht ja aus wie neu! Danke, ihr zwei!“, freut Mama sich. „Wisst ihr, was wir überprüfen müssen?“, möchte Papa wissen. Fiete überlegt: „Hmm … vielleicht, ob die Reifen noch Luft haben?“ „Richtig!“, lobt Papa. „Der Vorderreifen von Mamas Rad ist ganz schön schlaff“, bemerkt Ida. „Dann müssen wir Luft aufpumpen! Fiete, wie sieht‘s bei dir aus?“ Papa schaut ihn fragend an. Fiete drückt auf seine Reifen: „Ein bisschen Luft könnte nicht schaden.“ Papa holt die Luftpumpe, und die beiden legen los. Nach ein paar kräftigen Hüben sind die Reifen wieder prall. Ida schaut ihr Rad an. „Wir müssen auch kontrollieren, ob die Bremsen funktionieren.“ „Genau!“, sagt Mama. „Das ist besonders wichtig! Schiebt eure Räder und probiert die Bremsen aus.“ Ida testet – ihr Rad stoppt sofort. „Super!“ Fiete drückt nacheinander beide Bremsen. „Bei mir auch!“

„Dann könnt ihr eure Räder noch mal genau anschauen“, meint Papa. „Seht ihr irgendwo Risse oder lockere Teile?“ Ida kniet sich hin und betrachtet ihr Fahrrad von allen Seiten. „Sieht gut aus!“, sagt sie schließlich. Fiete rüttelt zur Sicherheit an seinem Lenker. „Meins auch!“ „Ein bisschen Öl kann vermutlich bei allen Ketten nicht schaden“, findet Papa. Er holt eine kleine Flasche aus dem Schuppen und gibt ein paar Tropfen auf jede Kette.

„Wir haben noch etwas vergessen“, fällt Ida ein. „Die Lichter!“ „Ja, das ist wichtig, falls wir mal länger unterwegs sind“, stimmt Mama ihr zu. Nach einem kurzen Check halten Ida und Fiete ihre Daumen in die Luft: die Lichter funktionieren einwandfrei und alle Räder haben zwei gelbe Reflektoren am Vorder- und zwei am Hinterrad. „Wir müssen auch ausprobieren, ob die Klingeln funktionieren und meine Klingel anschrauben!“, sagt Fiete. Zusammen mit Mama befestigt er die Klingel mit den bunten Punkten an seinem Lenkrad. Dann testet er sie: Ding-ding! Ida muss lachen: „Klingt super!“

„Und jetzt das Wichtigste“, sagt Mama. „Haben wir etwas vergessen?“, wundert Fiete sich. Mama nickt: „Die Helme!“ „Ah, natürlich!“, Fiete schlägt sich mit der Hand auf die Stirn. Alle setzen ihre Helme auf. Mama überprüft die Riemen. Sie nickt zufrieden: „Sitzen super, wir können los!“ „Jippieh!“, jubelt Fiete.

Ida schwingt sich auf ihr Rad: „Ich fahre vorweg.“ „Und ich hinterher“, ruft Fiete und folgt mit kräftigen Tritten in die Pedale seiner Schwester durchs Dorf, vorbei an Hannahs Hof. Die Sonne scheint und die Kühe grasen auf der Weide vor dem Stall. „Huhu, Kühe! Wir machen eine Fahrradtour“, ruft Fiete und klingelt mit seiner Klingel, während er sich den Fahrtwind um die Nase pusten lässt. Mama muss lachen: „Konzentrier‘ dich bitte aufs Fahren, mein Schatz!“ Sie biegen auf einen Feldweg ein. Hier dürfen Ida und Fiete am Rand des Weges fahren, aber als sie auf eine Straße mit Radweg kommen, fragt Papa: „Wer weiß, wo ihr jetzt fahren müsst?“ „Auf dem Radweg?“, tippt Fiete. „Richtig! Und bis wann müssen Kinder auf dem Gehweg fahren, wenn es keinen Radweg gibt?“ Ida überlegt. „Ähm … bis sie 8 Jahre alt sind müssen sie auf dem Gehweg fahren, und bis sie 10 Jahre alt sind dürfen sie darauf fahren, oder?“ „Genau!“, nickt Mama.

An einer Kreuzung mit Ampel hält die Familie an. „Jetzt wird’s spannend“, sagt Papa. „Wir wollen links abbiegen. Was müssen wir tun?“ Ida streckt den linken Arm aus. „So zeigen wir den anderen, dass wir abbiegen!“ „Perfekt! Und bevor ihr losfahrt?“ Fiete schaut sich um. „Warten, bis es grün wird!“ Als die Ampel umspringt, hat er es eilig: „Jetzt aber los!“ Doch Mama hält ihn zurück. „Moment – erst schauen, ob wirklich alle Autos stehen!“ Fiete wirft einen Blick nach links und rechts. „Nicht alle Autofahrer passen immer gut auf. Lieber einmal mehr gucken.“ Ida und Fiete nicken und fahren dann sicher über die Kreuzung.

Mama und Papa radeln hinterher. Als sie auf eine schmale Straße kommen, ruft Papa: „Lasst uns eine kurze Pause machen. Ich habe Durst!“ Ida und Fiete stellen ihre Räder am Rand ab und lassen sich daneben ins Gras plumpsen. Papa reicht ihnen ihre Wasserflaschen. „Hier ist es eng – was müsst ihr beachten, wenn vor euch jemand geht?“ „Klingeln!“, sagt Fiete, steht auf und probiert noch mal seine neue Klingel aus. „Und dann einfach vorbeiflitzen?“, fragt Mama. Ida schüttelt den Kopf. „Nee, langsam fahren und genug Abstand halten!“ „Richtig! Und wenn die Fußgänger nicht ausweichen?“ „Dann warten wir!“, sagt Fiete sofort. „Fußgänger haben Vorrang!“ Mama lächelt. „Genau! Aufmerksam sein und Rücksicht nehmen – das ist das Wichtigste im Straßenverkehr.“ „Ist doch logisch, Mama“, findet Fiete. „Und ich habe noch eine wichtige Regel für Fahrradtouren: immer genug Proviant einpacken oder bei der Eisdiele vorbeifahren.“ „Typisch“, findet Papa und alle müssen lachen.

Frühling auf der Weide

„Ida, wir müssen los!“ Fiete hüpft auf einem Bein, während er sich seine Gummistiefel anzieht. Heute helfen Ida und Fiete ihrer Nachbarin Hannah dabei, die Weide am Stall für die Weidesaison vorzubereiten. Ida schlüpft in ihre Jacke und setzt eine Cap auf. „Vergesst den Picknick-Korb nicht“, erinnert Mama. „Und habt ihr euer Gesicht mit Sonnencreme eingecremt?“ Fiete runzelt die Stirn: „Wir haben doch noch keinen Sommer!“ „Nein, aber die Sonnenstrahlen haben schon eine große Kraft. Ich möchte nicht, dass ihr einen Sonnenbrand bekommt“, erklärt Mama und wedelt mit der Tube. „Gib schon her“, meint Ida und tupft erst sich und dann Fiete ein paar Kleckse ins Gesicht, die er mürrisch verteilt. „Alles verschmiert?“, fragt er, und Mama nickt lachend. „Viel Spaß!“ „Danke!“, antworten Ida und Fiete und springen fröhlich die Haustreppe hinunter.

Als sie auf dem Hof von Landwirtin Hannah ankommen, spült die sich ihre Stiefel ab. Wie immer begrüßt sie die Geschwister mit einem Lächeln: „Das passt perfekt! Ich bin gerade mit dem Melken fertig.“ „Fangen wir direkt mit der Weidevorbereitung an?“, fragt Fiete aufgeregt. „Ja, kommt mit, ich erzähle euch, was alles ansteht“, sagt Hannah und führt Ida und Fiete zur großen Weide hinter dem Stall. Das Gras ist noch kurz. An einigen Stellen sind viele kleine Erdhügel zu sehen. „Da war der Maulwurf aber fleißig“, stellt Ida fest. Die Landwirtin nickt. „Und was machen wir jetzt mit denen?“, überlegt Fiete. „Das mögen die Kühe bestimmt nicht so gern.“ „Wir schleppen die Weide ab“, sagt Hannah und zeigt auf den Traktor, an dem eine riesige Schleppe befestigt ist. „Wir ebnen die Maulwurfshaufen ein. Außerdem lockert die Schleppe die Grasnarbe auf, damit Luft und Licht besser an den Boden kommen. Und altes, abgestorbenes Gras wird herausgerissen. Es wächst dann dichter und gesünder nach.“

Hannah klettert auf den Trecker und winkt Ida zu. „Willst du mitfahren?“ Ida klettert begeistert auf den Beifahrersitz. Die Landwirtin dreht den Schlüssel um und der Traktor brummt laut auf. „Festhalten!“ Gar nicht mal so langsam fährt Hannah mit dem Trecker über die Weide. „Schau mal, das Gras sieht ja viel ordentlicher aus, nachdem wir drübergefahren sind!“, ist Ida begeistert. Währenddessen sitzt Fiete am Rand und beobachtet, wie die Maulwurfshaufen plattgemacht werden. „Was machen wir nun?“, möchte er wissen, als der Traktor stoppt. „Nach dem Schleppen könnte man frisches Gras nachsäen“, meint Hannah. „Das macht man, um Lücken in der Grasnarbe aufzufüllen und dafür zu sorgen, dass die Weide schön dicht wird.“ „Oh, darf ich bitte die Samen streuen?“, ruft Fiete und hüpft auf und ab. „Das macht sonst die Sämaschine“, erklärt Hannah. „Aber die Grasnarbe sieht noch gut aus, deshalb müssen wir nicht nachsäen.“ „Was machen wir stattdessen?“, möchte Ida wissen. Hannah zeigt auf die schwere Walze, die neben der Weide steht: „Wir walzen. So drücken wir Steine fest und ebnen den Boden. Möchtest du jetzt mitfahren, Fiete?“ Das muss die Landwirtin Fiete nicht zwei Mal fragen. Flink springt er die Leiter zum Trecker hinauf. Während sie langsam über die Weide fahren, staunt er, wie die riesige Walze die Grasnarbe glättet. „Das sieht aus wie frisch gebürstetes Fell!“, ruft Fiete lachend. Hannah stimmt ihm zu. „Aber wirklich! So hab‘ ich das noch nie gesehen.“

Nachdem die Weide gewalzt ist, klatscht Hannah in die Hände: „Jetzt kommt die Zaunkontrolle.“ Sie zeigt auf den Weidezaun, der die Wiese umrandet. „Wir müssen prüfen, ob alle Pfosten feststehen und der Draht gut gespannt ist, damit die Kühe nicht ausbüxen können.“ „Wir brauchen Werkzeug“, bemerkt Ida. Hannah nickt: „In der Werkstatt steht ein Eimer mit allem, was wir brauchen. Könnt ihr den holen?“ Ida und Fiete flitzen zur Werkstatt und finden schnell den Eimer mit Draht, Krampen und einem kleinen Hammer. Gemeinsam tragen sie ihn zurück zur Weide, wo Hannah bereits mit ihrem Auto wartet. Auf der Ladefläche liegen lange, neue Holzpfähle und ein schwerer Vorschlaghammer. „Dann wollen wir mal loslegen“, sagt die Landwirtin und hebt einen der morschen Pfähle leicht an. „Der hier wackelt wie ein Milchzahn!“ Ida kichert: „Kommt jetzt die Zaunzahnfee?“ Fiete strahlt bei der Vorstellung und packt mit an. Zusammen ziehen sie den alten Pfahl aus der Erde und graben das Loch etwas tiefer aus. Hannah zeigt, wie sie den neuen Pfahl hineinstellen und mit dem Vorschlaghammer fest in den Boden hauen. „Jetzt steht er wieder wie eine Eins“, stellt Fiete zufrieden fest und stützt sich auf den Hammer, der fast so groß ist wie er selbst.

An der nächsten Ecke des Zauns entdecken sie zwei weitere Pfähle, die leicht wackeln. „Die können wir stehen lassen, aber wir müssen sie befestigen“, erklärt Hannah. Mit gezielten Schlägen treibt sie die Pfähle tiefer in den Boden, während Ida und Fiete zuschauen. Dann gehen sie den Zaun Stück für Stück weiter ab und kontrollieren den Draht. „Hier hat sich eine Krampe gelöst!“, bemerkt Ida und zeigt auf eine Stelle, an der der Draht durchhängt. Hannah nickt anerkennend: „Gut gesehen! Kannst du mir den kleinen Hammer und eine Krampe geben?“ Sie schlagen die Krampe fest in den Pfahl, sodass der Draht wieder straff gespannt ist.

Nachdem sie schon ein ganzes Stück des Zauns kontrolliert und repariert haben, streckt sich Fiete und stöhnt: „Puh, das ist ganz schön anstrengend. Können wir eine Pause machen?“ Hannah lacht: „Na klar! Habt ihr nicht ein Picknick mitgebracht?“ Die drei suchen sich eine sonnige Stelle am Wegrand und setzen sich ins Gras. Ida öffnet den Picknickkorb und grinst: „Mama hat sogar Limo eingepackt!“ Dazu gibt es belegte Brote, Apfelschnitze und Schokokekse, die sich Fiete genüsslich in den Mund schiebt. „Dürfen die Kühe nachher auf die Weide?“, murmelt er mit vollem Mund. „Leider erst in ein paar Tagen“, antwortet Hannah. „Das Gras muss noch etwas wachsen, und ich stelle vorher das Wasser an und kontrolliere die Tränken.“

Zwei Wochen später ist es endlich so weit. Die Sonne scheint und schon von Weitem hören Ida und Fiete das laute Muhen der Kühe. „Heute dürfen sie raus!“, ruft Ida aufgeregt, als sie und Fiete zum Hof rennen. Hannah wartet bereits an der Weide. Als sie gemeinsam das Gatter öffnen, stürmen die Kühe mit hoch erhobenen Schwänzen nach draußen. Sie springen und buckeln vor Freude. Einige drehen eine Runde auf der Weide. Andere fressen gierig das saftige, grüne Gras. „Guck mal, die tanzen ja richtig!“, ruft Fiete begeistert. „Ja“, sagt Hannah lächelnd. „Das sind echte Frühlingsgefühle.“

Das Geheimnis der Frühblüher

„Fiete, schau mal! Da ist eine kleine grüne Spitze aus der Erde gekommen!“ Ida kniet im Vorgarten und zeigt aufgeregt auf die Stelle, an der sie und Fiete im letzten Herbst Blumenzwiebeln gepflanzt haben. Fiete tritt neben sie und beugt sich nach unten: „Endlich! Ich dachte schon, da wächst nie was!“ Mama kommt mit ihrer Gartenschere und -handschuhen durch die Pforte. „Warum sollten die Blumenzwiebeln nicht wachsen?“, fragt sie. „Weil auf dem Spielplatz schon Krokusse blühen und bei uns noch nicht“, meint Fiete. „Im ersten Jahr brauchen Blumenzwiebeln ein bisschen länger, um aus der Erde zu kommen. Sie müssen sich erst an den neuen Platz gewöhnen, Wurzeln bilden und Kraft sammeln“, kennt Mama den Grund. Fiete überlegt einen Moment: „Aber das bleibt nicht für immer so, oder?“ Mama schüttelt den Kopf: „Nein, in den nächsten Jahren wachsen sie schneller und blühen kräftiger.“ „Wir haben da in der Schule drüber gesprochen“, wirft Ida ein, die immer noch neben dem Beet hockt. „Wann genau Frühblüher blühen, hängt davon ab, wie das Wetter ist und wo sie wachsen. Also zum Beispiel an einem sonnigen Platz oder im Schatten.“ „Ganz genau“, bestätigt Mama. „Heißen sie Frühblüher, weil sie früh blühen?“, möchte Fiete wissen. „Ist die Frage ernst gemeint?“, neckt Ida und grinst ihren Bruder herausfordernd an. Der streckt seiner großen Schwester die Zunge raus. Mama geht dazwischen: „Das hast du richtig kombiniert! Und ich finde die Frage völlig in Ordnung!“

Fiete schaut sich um: „Was haben wir hier noch mal eingepflanzt? Tulpen?“ „Ja, und ein paar Narzissen“, erinnert Ida sich. „Hinten im Garten haben wir Krokusse und Hyazinthen eingebuddelt.“ „Es wird sehr schön aussehen, wenn die alle blühen“, ist Mama vorfreudig und beginnt, vertrocknete Staudenstängel im Beet zurückzuschneiden. Fiete setzt sich auf die Bank, die an der Hauswand steht. Er schaut Mama zu und baumelt mit den Beinen. Dabei überlegt er: „Wie machen Tulpen und so das eigentlich? Normalerweise blühen Pflanzen doch erst, wenn der Winter vorbei ist.“ Mama schaut Ida an. „Habt ihr darüber auch in der Schule gesprochen?“ Ida nickt: „Also, Frühblüher haben unter der Erde eine Schatzkiste.“ „Eine Schatzkiste?“, wundert Fiete sich. „Das sagt man nur so. Damit sind die Zwiebeln oder Knollen gemeint. Darin haben sie Nährstoffe gespeichert, die sie im letzten Jahr gesammelt haben. Sobald es warm genug wird, kommen sie heraus, noch bevor die großen Pflanzen wachsen“, erklärt Ida und setzt sich neben Fiete auf die Bank.

Fiete ist beeindruckt: „Das ist ja schlau!“ „Ja, und wichtig, weil sie die Sonne so für sich allein haben, bevor die Blätter der Bäume alles verdunkeln.“ Mama klopft sich ein bisschen Erde von ihren Gartenhandschuhen. Sie schaut die Geschwister an. „Habt ihr Lust auf einen Spaziergang? Ich kenne eine Stelle im Wald, an der ganz viele Buschwindröschen blühen. Ich bin am Wochenende beim Joggen daran vorbeigekommen – es sieht wunderschön aus!“ „Oh ja, die möchte ich anschauen!“, ruft Fiete begeistert. Ida nickt ebenfalls und springt von der Bank. Mama streift ihre Handschuhe ab, öffnet die Gartenpforte und deutet mit der Hand, dass Ida und Fiete hindurchgehen sollen.

Auf dem Weg zum Wald spazieren die drei durch das Dorf. Ida zeigt auf einen Vorgarten, in dem weiße und tiefviolette Krokusse und gelbe Winterlinge blühen. „Schaut mal, richtig bunt!“ Ein Stückchen weiter kommen sie am Dorfplatz vorbei. Dort entdeckt Fiete unter einem Baum viele kleine, blaue Blumen. „Was sind das für welche?“, fragt er neugierig. Mama lächelt: „Das sind Blausternchen. Sie gehören auch zu den Frühblühern. Wenn man sie einmal gepflanzt hat, breiten sie sich ganz von selbst aus. Das sieht dann ein bisschen aus wie ein Teppich aus Blüten. Aber sie sehen nicht nur hübsch aus, sondern sind auch total wichtig für Bienen und Hummeln, weil sie schon Nektar liefern, wenn andere Blumen noch schlafen.“ „Ist es Bienen und Hummeln nicht noch zu kalt?“, wundert Ida sich. „Jetzt im März können Bienen und Hummeln schon unterwegs sein. Wildbienen und die ersten Hummelköniginnen, die überwintert haben, wachen bei milden Temperaturen aus ihrer Winterruhe auf“, erklärt Mama. „Dann sind sie bestimmt richtig hungrig“, glaubt Fiete. Mama muss lachen: „Das stimmt! Und die Frühblüher bieten ihnen Nahrung.“

Als sie einige Minuten später den Dorfrand erreichen, entdecken sie an einer Böschung viele kleine Schneeglöckchen. Mama bleibt stehen: „Wusstet ihr, dass Schneeglöckchen so robust und kälteunempfindlich sind, dass sie sogar durch den Schnee brechen können?“ „Das ist ja cool! Heißen sie deshalb so?“, überlegt Ida. „Ja, tatsächlich! Für mich sind sie immer das Zeichen, dass der Frühling nicht mehr weit ist“, sagt Mama und lächelt. Fiete grübelt: „Wieso wachsen die anderen Pflanzen eigentlich erst später?“ „Stauden oder Gräser müssen erst Energie aus ihren Wurzeln ziehen und Triebe langsam aufbauen. Anders als Schneeglöckchen warten viele auch, bis die Gefahr von Frost vorbei ist“, weiß Mama.

Im Wald angekommen, machen sich Ida und Fiete direkt auf die Suche nach der Stelle, von der Mama erzählt hat. Fröhlich laufen sie einige Meter vor ihr über den Waldweg. Und entdecken nach kurzer Zeit eine Lichtung, die mit unzähligen weißen Blüten bedeckt ist. „Da sind die Buschwindröschen!“, ruft Ida und ihre Augen strahlen. „Das sieht magisch aus, Mama!“ „Im Sommer sind mir die Blüten hier noch nie aufgefallen. Wo sind die Frühblüher dann?“, wundert Fiete sich. Mama nickt zustimmend: „Das liegt daran, dass Frühblüher eine sehr kurze Vegetationsphase haben. So nennt man die Zeit, in der eine Pflanze wächst, blüht und ihre Blätter zeigt. Wenn Frühblüher verblüht sind, ziehen sie sich in ihre Zwiebeln oder Knollen zurück. Im Sommer sieht man deshalb nichts mehr von ihnen.“

Anmutig betrachten Ida und Fiete die vielen weißen Blüten. „Könnten wir nicht ein paar davon für den Küchentisch mitnehmen?“, fragt Fiete plötzlich. Ida schaut begeistert zu Mama: „Oh ja, dürfen wir bitte?“ Mama überlegt kurz. „Wenn wir nur ein paar Blumen vom Wegesrand nehmen, dann ist das in Ordnung. Wir wollen ja keine Pflanzen zertrampeln.“

Ida und Fiete bücken sich und pflücken vorsichtig ein paar der zarten Blüten. Auf dem Rückweg tragen sie ihren kleinen Strauß wie einen Schatz. „Der wird toll aussehen auf dem Küchentisch!“, ist Ida überzeugt. „Und ganz bald blühen bestimmt auch die Krokusse und Tulpen in unserem Garten!“, freut sich Fiete. „Ich kann es kaum erwarten“, sagt Ida und strahlt.

Ein Freund auf vier Pfoten

Ida hat heute gemischte Gefühle. Gestern sind Oma Heike und Opa Karl, die über Weihnachten zu Besuch waren, leider wieder abgereist. Ich werde die beiden sehr vermissen, denkt Ida. Aber gleichzeitig freut sie sich auch. Denn es steht schon der nächste Großelternbesuch an – Oma Susanne und Opa Jochen haben sich angekündigt. Die beiden sind allerdings nur auf der Durchreise, weil sie in den Urlaub fahren möchten. Davor müssen sie jemanden bei Ida und Fiete vorbeibringen: ihren Labrador Rüden Rasmus. „Hunde sind im Wellness-Hotel verboten“, erklärt Mama. „Deshalb macht Rasmus eine Woche Urlaub bei uns.“ „Juhuuu!“, rufen Ida und Fiete begeistert. Sie sind völlig aus dem Häuschen, weil sie sich so sehr freuen.

Als Rasmus endlich bei ihnen ankommt, haben sie deshalb auch gar keine Augen für Oma und Opa, sondern nur für den freundlichen Hund mit dem braunen, weichen Fell. „Mein liebster Rasmus!“, begrüßt Fiete den Rüden und fällt ihm um den Hals. Rasmus wedelt fröhlich mit dem Schwanz und lässt sich geduldig von Ida und Fiete streicheln und kuscheln. „Ich fürchte, Rasmus möchte gar nicht wieder mit uns nach Hause kommen, wenn wir ihn abholen“, meint Opa mit einem Augenzwinkern. Ida nickt: „Wir werden ihn richtig verwöhnen!“ „Das wird ihn freuen!“, glaubt Oma und lacht. Sie streichelt Rasmus über den Kopf. „Aber denkt bitte daran, dass ihr ihm keine Schokolade geben dürft, die ist für Hunde gefährlich.“ „Oma, das wissen wir doch“, meint Fiete und stöhnt. „Das hat Mama uns schon alles erklärt.“ „Das ist super“, findet Opa und nimmt Fiete in den Arm. „Passt gut auf Rasmus auf und habt eine schöne Zeit!“, ruft Oma ihnen noch aus dem geöffneten Autofenster zu, als die beiden schließlich losfahren.

„So, wer möchte eine Runde mit Rasmus spazieren gehen?“, fragt Mama. „Iiich!“, ruft Fiete aufgeregt. „Können wir bitte noch auf Nele warten, sie kommt gleich. Ich freue mich schon total darauf, ihr Rasmus vorzustellen“, wirft Ida ein. „Stimmt, ihr seid ja heute verabredet“, erinnert sich Mama.
Ein paar Minuten später klingelt es an der Tür. „Schön, dass du da bist“, begrüßt Ida ihre Freundin. Nele lächelt und klopft ihre Schuhe auf der Fußmatte ab: „Hi, Ida!“ Dann wandert ihr Blick durch den Flur und erstarrt, als sie den großen Hund sieht, der neben Fiete auf dem Fußboden liegt. Neles Gesicht wird ernst. Sie weicht einen großen Schritt zurück. „Ich wusste gar nicht, dass ihr einen Hund habt“, sagt sie und ihre Stimme zittert dabei ein wenig. „Das ist Rasmus, der Hund unserer Großeltern. Er bleibt für eine Woche bei uns“, erklärt Fiete. Ida schaut ihre Freundin überrascht an: „Hast du Angst vor Hunden?“ Nele nickt schüchtern. „Oh, nein! Das wusste ich gar nicht … Aber Ramus ist total lieb“, sagt Ida und lächelt ermutigend. Nele bleibt weiter dicht an der Tür stehen: „Ich fühle mich einfach nicht wohl bei Hunden, vor allem, wenn sie so groß sind.“

Rasmus, der neugierig auf Nele zugehen möchte, bleibt sofort stehen, als er den ernsten Gesichtsausdruck von Mama sieht. „Bleib auf deinem Platz, Rasmus“, sagt sie freundlich und zeigt auf das Körbchen, das Oma und Opa für ihn mitgebracht haben. Der Hund dreht sich um, wedelt ein wenig mit dem Schwanz und legt sich brav hin. Fiete tätschelt Rasmus stolz: „Er ist nicht nur lieb, sondern auch super erzogen!“ „Nele, es ist völlig in Ordnung, wenn du Angst vor Hunden hast“, sagt Mama verständnisvoll und streicht ihr über den Arm. „Viele Menschen haben das, besonders wenn die Hunde groß und kräftig sind.“ Nele seufzt ein wenig erleichtert. „Ich würde trotzdem gern bleiben, aber nur, wenn Rasmus ein bisschen Abstand hält“, erklärt sie. Mama nickt: „Das bekommen wir hin.“

Fiete und die beiden Mädchen puzzeln erstmal eine Runde im Wohnzimmer. Rasmus muss sich wieder in sein Körbchen legen und beobachtet die Kinder aus der Ferne. Trotzdem wirft Nele immer wieder nervöse Blicke zu ihm und wirkt angespannt. Ida bemerkt die Unruhe ihrer Freundin und hat eine Idee: „Möchtest du Rasmus vielleicht ein Leckerli geben? Dann merkst du, dass er wirklich ganz sanft ist.“ Nele zögert, aber Ida holt ein kleines Leckerli aus der Küche und hält es ihr hin. Mit zitternden Fingern nimmt Nele das Leckerli in die Hand. „Wenn du möchtest, kannst du es einfach vor ihn auf den Boden legen“, meint Mama. Als Nele das Leckerli vorsichtig ablegt, wartet Rasmus und nimmt das Leckerli erst, als Mama ihm ein Zeichen gibt. „So ist es gut, Rasmus!“, ist Fiete begeistert. Verlegen lächelt Nele. „Das war gar nicht so schlimm“, stellt sie leise fest.

„Magst du Rasmus vielleicht mal streicheln?“, fragt Mama. Nele zögert erst, aber dann nickt sie langsam: „Ich kann’s ja mal versuchen.“ Mama hebt den Zeigefinger: „Sitz, Rasmus!“ Sofort setzt sich der Labrador auf seine Hinterbeine. Ida erklärt Nele, wie sie ihre Hand am besten ausstreckt und den Rüden vorsichtig am Rücken krault. Nele folgt den Anweisungen, und Rasmus schließt zufrieden die Augen, während er die Streicheleinheiten genießt. „Er ist ja wirklich ganz ruhig“, sagt Nele überrascht. Sie lächelt erleichtert. „Rasmus ist ein Labrador. Das ist eine Hunderasse, die ganz besonders freundlich, menschenbezogen und aufgeschlossen ist. Labradore mögen Kinder sehr, haben ganz viel Geduld und sind einfühlsam. Deshalb merken sie, wenn jemand ein wenig Angst vor ihnen hat“, erklärt Mama. „Ich finde es richtig mutig von dir, dass du ihn gestreichelt hast“, meint Ida anerkennend. „Ich auch“, freut Nele sich. „Wir wollten ja eine Runde mit Rasmus durch die Felder gehen – habt ihr Lust?“, fragt Mama jetzt. „Ist er draußen auch so lieb oder springt er dann wild rum?“, ist Nele unsicher. „Wie wäre es, wenn Rasmus vorsichtshalber an der Leine bleibt?“ Nele stimmt zu: „Das ist okay!“ „Ich möchte Rasmus bitte an die Leine nehmen!“, sagt Fiete. Mama reicht ihm die Leine aus Leder und Fiete befestigt sie an Rasmus olivgrünem Halsband. „Angeleint, wir können losgehen!“

Draußen tapst Rasmus fröhlich den Weg entlang. Er schnüffelt ab und zu am Gras oder in der Erde. Zwischendurch schaut er sich immer wieder um, als wolle er sicherstellen, dass alle bei ihm sind. Irgendwann bleibt Rasmus stehen und wedelt vorsichtig mit dem Schwanz, so als ob er auf Nele warten würde. Mit Ida an ihrer Seite traut sie sich, den braunen Labrador noch einmal zu streicheln. „Meine Eltern werden gar nicht glauben können, dass ich einen Hund angefasst habe“, ist Nele über sich selbst erstaunt. „Das hast du toll gemacht! Du kannst wirklich stolz auf dich sein“, bestätigt Mama. „Das bin ich auch!“, sagt Nele und strahlt über das ganze Gesicht.

Wie aus Rüben Kristalle werden

„Sie sind da!“ Fiete springt vom Fensterbrett, von dem er auf die Straße geschaut hat, herunter und rennt zur Haustür. Von oben hört man ein „Juhu!“. Kurz hinter Fiete läuft Ida nach draußen und zusammen fallen sie Oma Heike und Opa Karl in die Arme. „Endlich seid ihr da!“ Oma lacht: „Auf eure stürmische Begrüßung habe ich mich sehr gefreut!“ Opa zeigt auf den Kofferraum: „Helft ihr beim Auspacken?“ „Logo“, meint Ida. Fiete staunt: „Ganz schön viel Gepäck!“ „Wir bleiben ja auch fast zwei Wochen“, sagt Opa schulterzuckend. In der Zwischenzeit sind Mama und Papa nach draußen gekommen und begrüßen Oma und Opa. Weil alle mitanpacken, ist das Gepäck schnell im Haus. „Wir stellen erstmal alles im Flur ab und essen eine Kleinigkeit. Ihr seid sicherlich hungrig“, meint Papa. „Ida und ich haben eine Kürbissuppe gekocht!“ „Es riecht köstlich“, findet Oma und setzt sich neben Fiete an den Küchentisch.

Während des Essens erzählt Fiete vom Kindergarten und Ida berichtet aus der Schule. „In zwei Tagen haben wir unseren Weihnachtsbasar, dafür haben wir gebastelt“, ist sie stolz. Irgendwann wird es den beiden langweilig und sie stehen vom Tisch auf. Im Flur fällt Fietes Blick auf einen Korb, in dem eine alte Blechdose mit bunten Schneeflocken darauf liegt. „Was da wohl drin ist?“, überlegt Fiete. „Wollen wir reingucken?“, schlägt Ida vor. Fiete ist sich sicher: „Oma und Opa haben bestimmt keine Geheimnisse vor uns!“ Ida löst den Deckel vorsichtig. Ein Duft von Gewürzen und süßem Gebäck strömt ihnen entgegen. „Plätzchen!“, ruft Ida begeistert. Aber als sie in die Dose schauen, sind nur Krümel übrig. „Schade, die sind ja aufgegessen!“, ist Fiete enttäuscht. Oma linst aus der Küche heraus: „Mir war doch so, als hätte ich etwas gehört. Habt ihr was entdeckt?“ „Die leere Keksdose“, ist Ida verlegen. „Warum haben wir die wohl mitgebracht?“, fragt Oma. Fietes Augen beginnen zu leuchten: „Backt ihr Plätzchen mit uns?“ „Klar“, sagt Oma. „Morgen geht’s los!“

Mit einem vollgepackten Korb kommen Ida und Opa am nächsten Tag vom Einkaufen zurück. „Was habt ihr alles mitgebracht?“ Fiete schaut in den Korb hinein. „Butter, Mehl, Eier, Backpulver, Nüsse, Streusel, Zucker, Vanille- und Hagelzucker“, zählt Ida auf. „Hagelzucker?“, ist Fiete verwundert. „Hat der was mit dem Wetter zu tun?“ Opa muss lachen: „Hagelzucker sind besondere Zuckerkristalle, die größer sind als normaler Zucker. Der sieht ja ein wenig aus wie winzige Sandkörner. Wenn man die etwas nass macht und zusammenpresst, entstehen größere Steinchen. Die werden dann wieder getrocknet, damit sie ganz hart werden.“ „Und das ist dann Hagelzucker?“, kombiniert Fiete. Opa nickt. „Und wofür braucht man den?“, möchte Fiete wissen. „Hagelzucker behält beim Backen seine Form und schmilzt nicht so schnell“, weiß Opa. „Damit können wir die Kristall-Plätzchen verzieren“, schlägt Oma vor. Sie hält eine Ausstechform in die Höhe, die aussieht wie ein Schneekristall. „Oh, ja!“, ist Ida begeistert.

„Wisst ihr eigentlich, wie Zucker hergestellt wird?“, möchte Opa wissen. Ida und Fiete überlegen kurz. „Ich weiß, dass man Zucker aus Zuckerrüben gewinnt“, sagt Ida. „Oder in Regionen mit deutlich wärmerem Klima aus Zuckerrohr“, ergänzt Oma, während sie die Backzutaten auf den Küchentisch stellt. „Aber wie das genau geht, weiß ich nicht“, stellt Ida fest. „Ich möchte es auch wissen“, sagt Fiete. „Lasst uns mit dem Teig beginnen und währenddessen erzählen wir euch, wie man den Zucker aus der Rübe holt“, sagt Oma und zwinkert Fiete zu.

Ida gibt weiche Butter, Zucker und Vanillezucker in eine Rührschüssel. Opa beginnt: „Nach der Ernte werden die Zuckerrüben mit einem LKW in die Fabrik gebracht. Dort gelangen sie auf einem Förderband zur ersten Station: der Reinigung.“ „Die sind bestimmt ganz schön dreckig, wenn sie aus der Erde kommen“, kann Fiete sich vorstellen. „Erde, Steinchen und Pflanzenreste werden abgewaschen“, erklärt Opa. Dann muss er eine Pause machen, weil Ida den Mixer anstellt, um die Butter mit dem Zucker schaumig zu schlagen. Fiete hält sich die Ohren zu. Oma gibt Ida ein Zeichen – Ida kann den Mixer ausstellen. „Jetzt müssen wir zwei Eier dazugeben. Möchtest du das machen, Fiete?“ Fiete nickt. „Wenn die Rüben sauber sind, werden sie in dünne Scheiben geschnitten, die man „Rübenschnitzel“ nennt. Sie sehen ein bisschen aus wie Pommes Frites“, fährt Opa fort. Fiete ist irritiert: „Ich dachte, es geht um Zucker und nicht um Pommes!“ „Aus den zerkleinerten Rüben kann man den Zucker besser lösen“, sagt Oma lächelnd. Opa stimmt ihr zu: „Genau. Als nächstes kommen die Rübenschnitzel in ein heißes Wasserbad. Darin löst sich der Zucker langsam aus den Rübenstücken. Dadurch entsteht eine süße Flüssigkeit, die ‚Rohsaft‘ heißt.“

Oma gibt nun 500 Gramm Mehl und eine Prise Salz zum Teig: „Wer möchte kneten?“ Ida hebt aufgeregt die Hand. „Ich! Was passiert dann mit dem Rohsaft?“, fragt sie, während sie mit den Händen das Mehl mit den übrigen Zutaten vermischt. „Der wird auch gereinigt, bis er klar ist und fast aussieht wie Sirup“, weiß Oma. „Und danach wird er gekocht, bis das Wasser verdampft und der Sirup immer dicker und dicker wird. Irgendwann kristallisiert er und der Zucker bleibt übrig.“ „Cool“, staunt Fiete. „Die Kristalle sind noch nass und kommen deshalb in eine große Maschine – eine Zentrifuge – die wie eine riesige Schleuder funktioniert. Sie schleudert den Zucker trocken und die feinen Zuckerkristalle werden gesiebt, abgepackt und in den Supermarkt gebracht, wo wir sie kaufen können“, erklärt Opa. „Um sie im Plätzchenteig zu verkneten“, grinst Ida. „Ich bin fertig!“ Sie schüttelt ihre Hände aus – das Kneten war ganz schön anstrengend. Oma wickelt den Teig in Frischhaltefolie und legt ihn in den Kühlschrank: „Der muss jetzt 30 Minuten ruhen.“ Sie wischt sich ihre Hände an der Schürze ab. „Was passiert eigentlich mit den Resten der Zuckerrüben?“, fragt Fiete. „Das ist eine super Frage“, ist Opa beeindruckt. „Die Reste werden nicht weggeschmissen, sondern an Tiere verfüttert oder als Dünger auf den Feldern verteilt.“

Schließlich geht es ans Ausstechen der Plätzchen – darauf hat Fiete sich am meisten gefreut. Konzentriert steckt er die Förmchen in den ausgerollten Teig und legt die Schneeflocken auf ein Backblech. Bevor die Plätzchen in den Ofen wandern, streut er Hagelzucker darüber. „Das sieht toll aus“, ist er glücklich. Ida beschäftigt noch etwas: „Können wir noch mehr Plätzchen backen? Ich würde gerne welche zum Weihnachtsbasar mitnehmen.“ Oma lächelt: „Das ist eine wundervolle Idee, Ida. Plätzchen schmecken am besten, wenn man sie mit anderen teilt.“

Der verzauberte Morgen

Ein leises Klopfen weckt Ida aus dem Schlaf. Sie reibt sich die Augen. „Pock!“ Da ist es wieder. Es klingt so, als ob jemand an ihre Fensterscheibe klopfen würde. „Komisch“, murmelt sie und steht auf. Als sie ihre Gardinen aufzieht, sieht sie ihren winkenden Bruder. Ida öffnet das Fenster und schüttelt sich kurz, weil ein Schwung kalter Luft hereinkommt: „Was machst du schon im Garten, Fiete? Und hast du gerade etwas an mein Fenster geworfen?“ „Das waren nur Eicheln“, antwortet Fiete und kichert. „Ich wollte dich wecken – hat geklappt! Komm‘ schnell raus, alles glitzert! Es gab heute Nacht den ersten Frost.“ Jetzt erst sieht Ida die weiß glitzernde Winterlandschaft. Ihre Augen leuchten. „Bin gleich da!“, ruft sie begeistert. In Windeseile zieht Ida sich ihren warmen Wollpullover über, flitzt die Treppe herunter und schlüpft in ihre Stiefel und die Winterjacke.

Sie öffnet die Tür und tritt heraus. Klare, kalte Luft und eine zauberhafte Stille empfangen sie. Über Nacht hat sich der Garten in ein funkelndes Winterwunderland verwandelt. Jeder Grashalm, jedes Blatt und sogar der alte Apfelbaum sind mit einer dünnen Schicht aus Eiskristallen bedeckt, die in der Morgensonne glitzern wie kleine Diamanten. „Ist das nicht schön?“, fragt Fiete. Er streckt Ida ein gefrorenes Blatt entgegen. „Es sieht aus, als hätte jemand alles mit Zucker bestreut!“ Vorsichtig nimmt Ida das Blatt in die Hand und bestaunt die feinen Muster der Eiskristalle. In dem Moment hören die beiden das Quietschen des Gartentors und drehen sich um. Papa kommt mit frischen Brötchen nach Hause. „Guten Morgen, ihr zwei Frühaufsteher!“, begrüßt er Ida und Fiete fröhlich. „Freut ihr euch über den ersten Frost?“ Fiete nickt und zeigt Papa das gefrorene Blatt: „Wie entsteht Frost eigentlich?“ Papa legt die Brötchentüte ab und befühlt das Blatt. „Frost entsteht, wenn die Temperatur unter 0 Grad fällt und die Feuchtigkeit in der Luft oder auf Oberflächen gefriert. Die winzigen Wassertropfen verwandeln sich dann in Eiskristalle.“ Fiete überlegt einen Moment: „Aber es hat noch nicht geschneit, oder?“ Papa schüttelt den Kopf: „Nein, Schnee entsteht anders. Beim Frost reicht die Feuchtigkeit aus der Luft oder vom Tau aus, um eine glitzernde Schicht zu bilden. Das passiert meistens – wie heute – zum ersten Mal im November, wenn die Nächte kälter werden.“

„Und wie entsteht Schnee?“, bohrt Ida nach. „Das funktioniert etwas anders“, weiß Papa. „Nämlich oben in den Wolken. Dafür braucht es drei Dinge: Kälte, Feuchtigkeit und winzige Staub- oder Eiskörnchen. Wenn es in den Wolken sehr kalt ist – mindestens 0 Grad oder kälter – verwandelt sich das Wasser, das normalerweise in Form von Tropfen in den Wolken ist, in kleine Eiskristalle.“ „Und das ist dann Schnee?“, fragt Fiete. „Fast“, sagt Papa. „Die kleinen Eiskristalle müssen erst noch etwas wachsen. Das machen sie, indem sie Wasser aus der Luft anziehen, das dann ebenfalls gefriert. Das ist sozusagen der Beginn eines Schneeflöckchens. Und erst, wenn es groß und schwer genug ist, fällt es aus den Wolken herunter.“ „Der Unterschied ist also, dass Schnee in den Wolken und Frost direkt am Boden oder auf den Pflanzen entsteht, richtig?“, fasst Ida zusammen. „Das kann man so sagen.“ Papa hält seinen Daumen nach oben.

Fiete schaut sich grübelnd um: „Wir ziehen uns wärmer an, wenn es kälter wird und Hannahs Kühe bekommen ein längeres und dichteres Fell, aber wie machen das Pflanzen und Bäume?“ „Das weiß ich!“, ruft Ida. „Darüber haben wir in der Schule gesprochen. Viele Bäume verlieren ihre Blätter. Und das machen sie, damit sie im Winter weniger Wasser benötigen, weil sie es nicht so gut aufnehmen können, wenn der Boden gefroren ist.“ Papa schaut beeindruckt: „Richtig! Ohne die Blätter sparen die Bäume Energie und können den Winter besser überstehen. Außerdem könnten die Blätter durch den Frost geschädigt werden.“ „Aber es gibt doch auch Pflanzen, die ihre Blätter nicht verlieren. Wie machen die das?“, wundert Fiete sich. „Die haben einen anderen Trick“, weiß Papa. Fiete schaut ihn neugierig an. „Pflanzen, die den Frost nicht so gut vertragen, sterben im Winter ab. Vorher lassen viele von ihnen Samen fallen, aus denen im Frühling neue Pflanzen wachsen. Und viele Gräser oder kleine Büsche bekommen eine dünne Schicht Frost über ihre Blätter, die wie eine warme Decke vor der kalten Luft schützt.“ „Was? Aber der Frost ist doch eisigkalt, wie soll der denn eine warme Decke sein?“, ist Fiete irritiert. Papa zuckt mit den Schultern: „Es ist schwer vorstellbar, aber es klappt tatsächlich. Die Eisschicht, die durch den Frost auf der Pflanze entsteht, sorgt dafür, dass die Temperatur darunter nicht weiter absinkt. Noch besser funktioniert das aber mit Schnee.“

Jetzt sehen Ida und Fiete beide so aus, als ob sie ein riesiges Fragezeichen im Gesicht hätten. „Also, nun tüdelst du aber, Papa!“, findet Ida. Papa muss lachen: „Das ist kein Quatsch! Fragt gerne Hannah, die wird es bestätigen.“ „Wenn wir eine Schneeballschlacht machen, dann brauche ich Handschuhe, weil der Schnee viel zu kalt ist“, sagt Ida. „Der ist ja auch kalt, aber Pflanzen kann er tatsächlich sehr gut vor Kälte schützen. Weil Schnee aus vielen winzigen Eiskristallen mit viel Luft dazwischen besteht. Und diese eingeschlossene Luft isoliert die Pflanzen darunter.“ „Das geht wirklich?“ Fiete ist immer noch skeptisch. „Die Temperatur unter der Schneeschicht bleibt milder, auch wenn es darüber sehr kalt ist, weil die Luft im Schnee die Wärme vom Boden speichert. Wenn wir zum Beispiel lange Zeit starken Frost haben, ist es für die Natur sehr gut, wenn es vorher geschneit hat“, erklärt Papa geduldig weiter. „Na, wenn du das sagst, dann wird es wohl stimmen“, meint Ida und grinst.

„So, ich weiß ja nicht, wie es euch geht, aber ich war noch nicht auf den ersten Frost des Jahres vorbereitet – mir ist ziemlich kalt. Habt ihr Lust auf Frühstück?“ Papa schnappt sich die Brötchentüte. Fiete winkt ab: „Wir wollen noch draußen bleiben.“ „Frühstücken können wir später noch“, stimmt Ida zu und hält ein gefrorenes Blatt hoch. „Ich habe nämlich eine Idee!“ Fiete schaut sie erwartungsvoll an: „Was für eine?“ „Lass‘ uns gefrorene Blätter, kleine Äste und Eicheln oder Beeren sammeln und daraus eine Frost-Girlande basteln. Die können wir dann auf der Terrasse aufhängen“, schlägt Ida vor. „Kannst du uns Band und Scheren rausbringen, Papa?“ „Klar! Und vermutlich auch noch geschmierte Brötchen und eine Thermoskanne mit heißem Kakao“, meint Papa lachend. „Du bist der Beste!“, ruft Ida und flitzt Fiete hinterher, der schon mit dem Blättersammeln begonnen hat.

Ferien auf dem Ziegenhof

Ein schmaler Sonnenstrahl scheint durch einen Spalt in der Gardine direkt auf Fietes Gesicht. Er öffnet die Augen und weiß im ersten Moment nicht, wo er ist. Träume ich noch? Meine Vorhänge sehen doch ganz anders aus, denkt Fiete. Im nächsten Moment fällt es ihm ein! Er ist ja gar nicht zu Hause, sondern in der Ferienwohnung auf dem Bauernhof, auf dem er mit Ida und Mama und Papa Urlaub macht. Sofort sitzt Fiete senkrecht im Bett. Er wollte doch mit Landwirtin Leni die Ziegen melken! „Ida, wir müssen aufstehen“, ruft er, während er sich seine Arbeitshose anzieht, die er extra eingepackt hat. Von Ida kommt keine Reaktion. Fiete dreht sich zu ihrem Bett um und sieht, dass es leer ist. „Hmmpf“, macht er und ärgert sich ein bisschen.

Als Fiete in den Melkstand kommt, schaut Ida sich an, wie Leni eine Ziege melkt. Sie sieht Fiete und lächelt: „Guten Morgen!“ „Warum hast du mich nicht geweckt?“, antwortet Fiete maulend. „Hab‘ ich ja versucht. Aber du hast tief und fest geschlafen“, meint Ida und zuckt mit den Schultern. „Keine Sorge, es müssen noch viele Ziegen gemolken werden. Du bist also nicht zu spät“, beruhigt ihn Landwirtin Leni. Fiete atmet erleichtert aus. Er schaut sich erst einmal um. Rechts und links von ihm stehen jeweils zehn Ziegen, fressen Heu und warten darauf, gemolken zu werden. „Euer Melkstand ist viel kleiner als der von unserer Nachbarin Hannah!“, stellt er fest. „Eure Nachbarin hat Kühe, oder?“, fragt Leni. Fiete nickt. „Die sind natürlich viel größer als unsere Ziegen.“ „Meine Lieblingskuh heißt Bruna“, erzählt Fiete. „Haben eure Ziegen auch Namen?“ „Klar!“, Leni zeigt auf unterschiedliche Ziegen. „Da stehen Frida und Luna, die hier heißt Pepper, und das sind Gretel, Betsy und Caramel.“ „Habt ihr auch einen Ziegenbock?“, möchte Ida wissen. „Ja, sogar drei. Sie heißen Rocky, Bruno und Cookie“, zählt die Bäuerin auf.

Dann säubert sie die Euter der Ziegen, massiert sie mit geschickten Handgriffen und überprüft die Konsistenz und Farbe der Milch. Anschließend legt sie ihnen das Melkgeschirr an. „Wie viel Milch gibt eine Ziege?“, fragt Ida. „Das ist unterschiedlich. Es gibt Rassen, die bis zu fünf Liter Milch am Tag geben. Wir haben Toggenburger Ziegen. Sie geben nur zwei bis drei Liter Milch pro Tag, dafür hat ihre Milch einen hohen Fettgehalt, was super ist für unseren Käse“, erklärt Leni. „Ihr macht selbst Käse?“, staunt Ida. „Das ist ja cool!“ „Ja, Käse und außerdem Joghurt, Quark und seit kurzer Zeit auch Eis“, ist Leni stolz. „Eis aus Ziegenmilch?“, Fiete bekommt große Augen. „Wie schmeckt das?“ „Ich finde: sehr gut!“, sagt Leni und zwinkert ihm zu. „Am besten probiert ihr es mal. Wir verkaufen es in unserem Hofladen.“

Eine Stunde später sind alle Ziegen gemolken. Leni stellt die summende Melkmaschine aus, hängt ihre Schürze an einen Haken neben der Tür und wäscht sich die Hände: „Ich muss jetzt in unsere Molkerei. Ihr habt bestimmt Hunger und wollt etwas frühstücken, oder? Danach könnt ihr gerne Tobias zuschauen, der mistet heute den Stall aus.“ Jetzt fällt Fiete auf, dass er wirklich Hunger hat. Sein Magen knurrt sogar.

Er hat Glück – Mama und Papa sitzen schon am Tisch und trinken Kaffee. „Wie war’s beim Melken?“, begrüßt Mama sie. „Super!“, findet Fiete. „Leni ist mega nett.“ „Wusstet ihr, dass Ziegen beim Melken mit Futter beschäftigt werden müssen, weil sie so neugierig und lebhaft sind und sonst nicht lange genug stillstehen?“, fragt Ida. Mama und Papa schütteln den Kopf. „Können wir im Hofladen Ziegenkäse kaufen und das Eis probieren?“, wirft Fiete ein. „Schau mal, was Schönes auf dem Tisch steht“, Papa zeigt auf einen runden Käse. „Ich habe eben schon etwas eingekauft.“ „Oh, ich möchte gerne ein Brötchen mit Ziegenkäse“, sagt Ida. „Ich auch“, ruft Fiete. Papa schneidet mehrere Scheiben des Käses ab und die beiden belegen ihre Brötchen damit. Herzhaft beißen sie hinein. „Und?“, Mama schaut sie erwartungsvoll an. „Hammer lecker“, sagt Fiete mit vollem Mund. Ida stimmt ihm zu: „Schmeckt super cremig! Und ein bisschen nach Nuss.“

Viel Zeit lassen sich Ida und Fiete mit ihrem Frühstück nicht. Sie wollen schnell wieder raus, um den Ziegenhof weiter zu erkunden und die Tiere besser kennenzulernen. Im Stall treffen sie Lenis Mann Tobias beim Ausmisten. Mit seinem Frontlader-Trecker, an den eine große Schaufel angebaut ist, nimmt er die alte Einstreu auf und lädt sie dann draußen auf einen großen Miststreuer. Als er die Geschwister sieht, steigt er vom Trecker ab: „Hallo, schön, dass ihr mich besucht.“ „Wo sind eure Ziegen?“, wundert Ida sich. „Kommt mal mit“, Landwirt Tobias geht durch ein Schiebetor nach draußen und zeigt auf eine große Weide. „Da sind sie ja“, ruft Fiete begeistert. „Dürfen wir sie streicheln?“ „Sehr gern – die Ziegen freuen sich“, weiß der Bauer. „Stimmt es eigentlich, dass Ziegen gerne klettern?“, fragt Ida nun. „Ja, sie können das auch richtig gut. Deshalb haben wir die Baustämme auf der Koppel liegen. Ziegen sind außerdem sehr neugierig. Damit ihnen nicht langweilig wird, haben wir die Plattform und verschiedene Rampen aufgebaut. Und wir verteilen regelmäßig Äste, mit denen sie sich gerne beschäftigen“, erklärt Tobias.

Während der Landwirt erzählt, kommen mehrere Ziegen auf Ida und Fiete zu und beschnuppern sie neugierig. Ida streckt die Hand aus. Eine der Ziegen leckt darüber. Sie muss kichern: „Das fühlt sich an wie Schmirgelpapier.“ „Aber das Fell ist richtig glatt und weich“, staunt Fiete. Er ist inzwischen umringt von mehreren der hellbraunen Tiere mit den weißen Abzeichen, die sich neugierig von ihm streicheln lassen. „Wieso sehen die Augen eurer Ziegen eigentlich so lustig aus?“ „Das hast du gut beobachtet“, findet Tobias. „Ziegen haben horizontale Pupillen. Dadurch haben sie ein breites Sichtfeld und können auch im Dunkeln sehr gut sehen.“ „Das ist ja praktisch!“, staunt Ida. „So“, Landwirt Tobias klatscht in die Hände. „Wollt ihr mir beim Ausmisten helfen?“ „Unbedingt!“, sind sich Ida und Fiete sofort einig. Fleißig schaufeln sie Stroh aus den Ecken des Stalls, an die Tobias mit seiner Frontlader-Schaufel nicht herankommt. Als alles ausgemistet ist, helfen sie dem Bauern beim Fegen. „Jetzt kommt der beste Teil“, kündigt Tobias schließlich an. „Das frische Stroh!“

Nachdem das Stroh verteilt ist, bedankt sich der Landwirt bei Ida und Fiete: „Danke! Ihr habt mir richtig gut geholfen! Die Ziegen werden sich freuen, wenn sie heute Abend in den Stall kommen. Was haltet ihr davon, wenn ich euch als kleines Dankeschön ein selbstgemachtes Eis aus unserer Ziegenmilch ausgebe?“ Ida und Fiete jubeln – zu Eis sagen sie nie nein!

Flüssiges Gold

„Puuh! Das war anstrengend!“, mit einem lauten Seufzer lässt Fiete sich auf die Treppe vor Hannahs Haus plumpsen. Er hat seiner Nachbarin heute beim Melken und Füttern ihrer Kühe geholfen. Die Landwirtin lächelt ihn verständnisvoll an: „Brauchst du eine Erfrischung? Wie wäre es mit einer Apfelschorle?“ „Oh ja!“, antwortet Fiete. Einen Moment später kommt Hannah mit zwei Gläsern aus dem Haus und setzt sich neben ihn. Aus ihrer Westentasche holt sie noch eine Packung Kekse hervor. Fiete trinkt einen großen Schluck Schorle. Er lässt seinen Blick über Hannahs Hof wandern. Und bleibt bei den Obstbäumen auf der Wiese hängen: „Ist das eigentlich Saft aus deinen eigenen Äpfeln?“ „Ja, den presse ich immer im Herbst. Seid ihr noch nie dabei gewesen?“, wundert Hannah sich. „Ne, ich kann mich nicht daran erinnern“, meint Fiete. „Das müssen wir dringend ändern. Die meisten Äpfel sind bald reif. Wir können sie am nächsten Wochenende einsammeln und zusammen Saft pressen. Was meinst du?“ Fiete hält seine beiden Daumen nach oben.

Am Samstag gehen Ida, Fiete und Mama zu Hannahs Hof. Die Landwirtin ist schon auf der Wiese. Sie sammelt Äpfel in einen Anhänger. Als die drei näherkommen, schaut sie auf und macht eine Pause: „Wie schön, dass ihr da seid! Und richtig nett, dass ihr mir helft.“ „Total gern“, sagt Mama. „Ich wollte schon lange mit den Kindern Apfelsaft pressen.“ „Sollen alle Äpfel in den Anhänger?“, möchte Fiete wissen. „Die Äpfel, die schon sehr matschig sind, kannst du liegen lassen. Die sammle ich mit dem Rasenmäher auf“, erklärt Hannah. „Kann man eigentlich aus allen Äpfeln Saft machen?“, überlegt Ida. „Grundsätzlich schmeckt Apfelsaft vor allem aus süßlichen Äpfeln“, meint Hannah. „Hier auf meiner Streuobstwiese habe ich eine gute Mischung aus süßen und ein wenig herberen Sorten, sodass ich alle miteinander vermische.“ „Warum heißt es Streuobstwiese? Ich kenne nur Katzenstreu“, sagt Fiete. Er muss kichern. „Das hat nichts miteinander zu tun“, sagt Hannah grinsend. „Auf einer Streuobstwiese wachsen viele verschieden große und alte Obstbäume – zum Beispiel Äpfel, Birnen, Kirschen oder Pflaumen. Die Bäume stehen aber nicht dicht nebeneinander wie in einer Plantage – also ein Ort, an dem eine große Menge einer bestimmten Nutzpflanze angebaut wird –, sondern verstreut auf der Wiese verteilt. Dadurch bieten sie vielen verschiedenen Vögeln, Insekten, anderen Tieren und auch Pflanzen ein Zuhause.“ „Cool!“, staunt Fiete. „Auf Streuobstwiesen wachsen außerdem oft alte Obstsorten, die so erhalten werden können“, ergänzt Mama. Hannah nickt zustimmend und zeigt auf einen Apfelbaum: „Seht ihr den Baum dort, der leuchtend rote Äpfel trägt? Das ist eine alte Sorte, die ‚Jakob Fischer‘ heißt, süß-säuerlich schmeckt und aus der man super Saft und Marmelade machen kann.“

Sie wirft einen Blick auf den inzwischen gut gefüllten Anhänger: „Ich glaube, wir haben erstmal genug Äpfel gesammelt. Wollen wir mit dem Saftpressen anfangen?“ „Unbedingt!“, ruft Ida. Fiete klettert die Trittleiter zu Hannahs kleinem Trecker hinauf. Mit ihm zieht sie den Anhänger von der Wiese zum Haus. Auf ihrer Diele hat die Landwirtin alles vorbereitet: Bottiche mit Wasser zum Waschen, ein Schneidebrett und Messer, eine Obstmühle und die Saftpresse. Außerdem jede Menge Flaschen. „Boah, die Flaschen wollen wir alle voll machen?“, ist Fiete erstaunt. „Wir versuchen es“, meint Hannah Schultern zuckend. „Wie viele Äpfel braucht man für eine Flasche?“, möchte Ida wissen. „Äpfel sind ziemlich ergiebig – aus ungefähr 1,5 Kilogramm Äpfeln bekommt man einen Liter Saft“, schätzt Hannah.

Mama legt Äpfel ins Wasser und wäscht sie. „Wer möchte die Äpfel kleinschneiden?“, fragt sie. „Das mache ich“, sagt Ida und schnappt sich ein Messer. „Soll ich das Kerngehäuse abschneiden oder dran lassen?“, überlegt sie, während sie den ersten Apfel in vier Teile schneidet. „Die kannst du dran lassen. Nur faulige Stellen oder welche mit Würmern musst du wegschneiden“, erklärt Hannah, während sie Mama beim Waschen der Äpfel hilft. „Urghs, Würmer im Apfelsaft wären wirklich eklig!“, stimmt Ida ihr zu. Nachdem sie einen großen Eimer mit geschnittenen Apfelstücken befüllt hat, kommt Fiete an die Reihe: Gemeinsam mit Landwirtin Hannah befüllt er den Trichter der Obstmühle. „Nun musst du hier drehen“, Hannah zeigt auf eine an der Mühle befestigten Kurbel. Fiete nimmt die Kurbel in die Hand. Er beginnt zu drehen. „Das geht schwer!“, Fiete kurbelt und kurbelt. Im Eimer, den Hannah bereitgestellt hat, sammelt sich ein Apfelbrei. Ganz schön matschig, denkt Fiete, während er weiterdreht.

„Der Eimer ist voll! Was machen wir jetzt?“ „Wir pressen den Saft aus!“ Hannah gibt den Apfelbrei in die Presse. „Was passiert mit den Kernen?“, möchte Ida wissen. „Das Tuch, das im Behälter der Presse liegt, funktioniert wie ein Filter. Der Saft läuft hindurch und wird dabei von Kleinteilen wie den Kernen und dem Fruchtfleisch getrennt“, weiß Mama, die sich dazugestellt hat. „Und wie genau funktioniert die Presse?“, Fiete kann sich noch nicht so richtig vorstellen, dass aus diesem runden Ding mit Hölzern rundherum gleich Apfelsaft kommen soll. „Ich zeig’s euch!“ Hannah nimmt den Hebel der Presse in die Hand. Sie beginnt zu drehen. „Durch das Drehen setzen wir den Kolben in Bewegung. Er erzeugt Druck auf den Apfelbrei und presst den Saft heraus.“

Hannah muss pusten, so viel Kraft muss sie aufwenden. Ida und Fiete schauen gespannt auf den Saftauslauf. Plötzlich beginnt es zu tröpfeln. Dann tritt eine gelbgoldene Flüssigkeit heraus. „Der Saft sieht aus wie flüssiges Gold!“, staunt Fiete. Hannah lächelt: „Wollt ihr probieren?“ Ida, Fiete und Mama nicken. Hannah gießt Saft in Gläser. „Boah, mega lecker! Richtig frisch und fruchtig“, findet Ida. Fiete leckt sich mit der Zunge über die Lippen: „Mmhh, schön süß! Kann ich noch mehr haben?“ Mama und Hannah müssen lachen: „Erstmal müssen wir weiter pressen!“ „Was hast du mit dem ganzen Saft vor?“, fragt Ida und trinkt den letzten Schluck Saft aus ihrem Glas. „Wenn wir den Saft erhitzt haben, hält er etwa ein Jahr lang. Wir haben also reichlich Zeit, um ihn zu trinken. Ihr könnt so viel mitnehmen, wie ihr möchtet und alles, was ich nicht brauche, verschenken wir“, sagt Hannah. „Und was machen wir mit den Apfelresten, die übrigbleiben? Es wäre doch schade, sie wegzuschmeißen“, findet Ida. „Da hast du Recht!“, stimmt Hannah ihr zu. „Über den Trester – so nennt man die Reste – freuen sich die Kühe und Hühner.“ Von der Idee ist Fiete begeistert: „So haben alle etwas davon!“

Vom Winde bewegt

Ida zieht den Reißverschluss ihrer Reisetasche zu: „Alles eingepackt.“ Dann geht sie an ihren Schreibtisch und streicht den letzten Tag auf ihrem selbstgebastelten Kalender durch. Für heute steht dort in bunten Buchstaben „DÄNEMARK“. Daneben hat Ida kleine Herzen gemalt. Heute geht es für sie und ihren kleinen Bruder Fiete für eine Woche mit Oma Heike und Opa Karl nach Dänemark. Ida freut sich sehr auf den Urlaub. „Bist du fertig mit Packen?“, fragt Fiete, der in ihr Zimmer hereinschaut. Ida nickt. In dem Moment hupt ein Auto draußen vor dem Haus. „Da sind sie!“, ruft Fiete und springt die Treppe herunter. Nachdem das Gepäck im Auto verstaut ist, verabschieden sich Ida und Fiete noch von Mama und Papa. „Ich wünsche euch ganz viel Spaß“, sagt Mama und drückt die beiden an sich. „Wir werden euch vermissen!“, gibt Papa zu. „Wir passen gut auf eure Kinder auf“, versucht Opa die beiden zu beruhigen. Als sie losfahren, winken Ida und Fiete: „Tschüss, bis in einer Woche!“ Auch Hannahs Hof und den Tieren auf der Weide winkt Fiete noch einmal zu, bevor sie das Dorf hinter sich lassen.

Die Autofahrt mit Oma und Opa vergeht wie im Fluge. Die beiden haben jede Menge Proviant eingepackt und zwischendurch spielen sie Spiele wie „Ich sehe was, was du nicht siehst“, singen Lieder und hören ein Hörspiel. Außerdem überlegen sie, was sie alles in Dänemark machen wollen. Ida beginnt: „In der Nordsee schwimmen, Muscheln und Bernsteine am Strand sammeln und Hotdogs essen.“ „Ich möchte Softeis essen und unseren Drachen steigen lassen“, ergänzt Fiete. „Das kriegen wir hin“, meint Oma lächelnd. „Gleich müsst ihr aufpassen; dann fahren wir über die Grenze.“ Und tatsächlich: Plötzlich fahren alle Autos etwas langsamer und Ida und Fiete sehen einige Hinweisschilder und kleine Häuschen – Grenzschalter, wie Opa erklärt – am Rand der Autobahn stehen. „Jetzt sind wir in Dänemark!“, freut Oma sich. „Wenn ihr gut aufpasst, erkennt ihr das bestimmt gleich.“ Oma hat Recht: Die dänischen Straßenschilder sehen ein bisschen anders aus, der Stil der Häuser und auch die Landschaft haben sich verändert. „Es ist hier flacher als bei uns zuhause“, stellt Fiete fest. „Und es gibt ganz schön viele Felder. Das würde Hannah bestimmt gefallen“, bemerkt Ida. Opa stimmt ihr zu: „In Dänemark gibt es sehr viele landwirtschaftlich genutzte Flächen – die Landschaft ist von Feldern, Wiesen und den Küstenregionen geprägt.“ „Apropos Küste“, wirft Oma ein. „Nur noch eine knappe Stunde, dann sind wir an unserem Ferienhaus am Meer.“ „Juhuuu!“, rufen Ida und Fiete synchron.

„Hier müssen wir abbiegen“, Oma lenkt das Auto von der Landstraße auf einen schmalen Sandweg. Es holpert ein wenig, als sie darüberfahren. Rechts und links des Weges stehen kleine Holzhäuser. „Wo ist unser Haus?“, fragt Fiete aufgeregt. „Laut Navi noch 500 Meter“, meint Opa. „Sie haben Ihr Ziel erreicht. Es befindet sich auf der linken Seite“, ertönt nun die Ansage des Navigationsgeräts. Sie halten vor einem roten Holzhäuschen mit einem bepflanzten Dach. Ida entfährt ein freudiges Quicken: „Das sieht ja gemütlich aus!“ Die vier steigen aus und Opa holt den Haustürschlüssel aus einem kleinen Fach, das am Haus versteckt ist und schließt auf. „Ich möchte hier schlafen“, ruft Fiete und schmeißt sich auf ein Bett in einem der Zimmer. Opa lacht: „Dann wäre das ja schon mal geklärt.“ Wenig später sind alle Sachen aus dem Auto geladen. „Wer ist bereit für eine Entdeckungstour?“, fragt Opa. „Ich glaube, wir können von hier aus zu Fuß zum Strand gehen.“ „Los geht’s“, meint Fiete, schnappt sich Eimer und Schaufel und ist schon zur Tür hinaus verschwunden. Ida greift sich ihren Sonnenhut und einen Kescher und folgt ihm.

Einige Meter hinter dem Haus stoppen die beiden vor einem Sandberg. Fiete bleibt stehen und schaut nach oben: „Puh, der ist aber hoch!“ Ida stellt sich neben ihn: „Das ist echt ganz schön viel Sand auf einem Haufen. Wie der wohl dahin gekommen ist?“ „Überlegt mal“, schlägt Oma vor. Fiete grübelt: „Hat den jemand hierhin geschoben?“ „Ne, eher nicht“, antwortet Oma lächelnd. „Wir sind ja nah an der Nordsee, hier ist es häufiger sehr windig. Vielleicht wurde der Sand vom Wind zusammengeweht?“, kombiniert Ida. „Ganz genau!“, stimmt Oma ihr zu. „So einen großen Sandberg nennt man Düne. Wie Ida schon richtig vermutet hat, entsteht sie, weil der Wind Sand von einem Ort zum anderen trägt. Wenn er dabei auf ein Hindernis – zum Beispiel eine Pflanze oder einen Stein – trifft, wird die Geschwindigkeit gebremst und der Sand lagert sich ab. So entsteht über längere Zeit eine Düne. Oder eine ganze Dünenlandschaft.“ „Bleibt die Düne dann für immer an der Stelle, an der sie entstanden ist?“, fragt Ida. „Nein, weil Dünen durch den Wind geformt werden, verändert sich ihre Form im Laufe der Zeit und sie verschieben sich“, erklärt Oma. „Es gibt sogar richtige Wanderdünen, die sich bis zu 30 Meter im Jahr weiterbewegen“, weiß Opa. „Und was sind das für lange Halme, die aus der Düne rausgucken?“, möchte Fiete wissen. „Das ist Strandhafer. Was hier aus dem Sand herausguckt, sind nur die Halme. Sie bremsen den Wind, wodurch sich noch mehr Sand ansammeln kann. Die Strandhafer-Wurzeln reichen außerdem tief in die Düne hinein und geben ihr Stabilität, deshalb darf man sie auf keinen Fall herausziehen“, warnt Opa. Fiete versteht das nicht ganz: „Was wäre denn so schlimm daran, wenn die Düne ihre Stabilität verliert?“ „Je länger eine Düne besteht, desto mehr Pflanzen- und Tierarten – zum Beispiel Vögel oder Eidechsen und Krebstiere – besiedeln sie. So entsteht ein artenreiches Ökosystem, also eine Gemeinschaft von verschiedenen Lebewesen.“ Opa zeigt auf ein kleines bräunliches Insekt mit weißem Muster. „Das ist zum Beispiel ein Dünen-Sandlaufkäfer.“ „Und für die Menschen sind Dünen auch wichtig, denn sie schützen das Land vor Überschwemmungen. Wenn es Hochwasser gibt, wirken sie wie ein natürlicher Damm“, ergänzt Oma.

Ida staunt. Wie wichtig Dünen sind, war ihr nicht bewusst. „Dann darf man vermutlich nicht einfach so auf ihnen rumlaufen, oder?“ „Nein, man muss auf den ausgeschilderten Wegen bleiben, damit man keine Pflanzen kaputt macht oder in ein Vogelnest tritt“, bestätigt Oma ihre Vermutung. „Da vorne ist ein Pfad“, Fiete läuft los. Ida folgt ihm. Als der Weg über eine Erhöhung führt, eröffnet sich den beiden ein weiter Blick über die Dünenlandschaft und die Nordsee. „Schau mal, Ida! Da ist das Meer“, ruft Fiete begeistert. Ida lächelt glücklich. Die sandfarbenen Dünen vor dem strahlendblauen Himmel und dem azurblauen Meer, auf dem die Sonne glitzert, sehen wunderschön aus, denkt sie. Sie ist sich sicher: Das kann nur ein ganz wunderbarer Urlaub werden!

Fiete macht das Seepferdchen

Fiete ist nervös. Morgen ist ein aufregender Tag. Denn morgen beginnt sein Seepferdchenschwimmkurs. Ida hat ihm zwar viel über ihren ersten Schwimmkurs erzählt, aber irgendwie ist er trotzdem unsicher. Hoffentlich traue ich mich, denkt er. Als Papa zum Gute-Nacht-Sagen ins Zimmer kommt, muss Fiete weinen. „Was ist los?“, wundert Papa sich. Fiete wischt sich mit dem Handrücken eine Träne von der Nasenspitze. „Was ist, wenn ich das nicht kann?“ „Wenn du was nicht kannst?“ „Na, der Schwimmkurs …“, meint Fiete schluchzend. „Ach stimmt, der fängt ja morgen an!“, Papa streicht Fiete über den Kopf und nimmt ihn auf den Schoß. „Du bist ganz schön aufgeregt und machst dir Gedanken, oder?“ Fiete nickt. „Das kann ich gut verstehen! Wenn ich etwas noch nicht gut kenne oder kann, macht mich das auch nervös“, gibt Papa zu und versucht Fiete aufzumuntern. „Aber wenn man sich erstmal traut, dann ist es meistens halb so schlimm. Und der Kurs ist außerdem dafür da, dass du schwimmen lernst. Du musst also überhaupt nichts vorher können.“ Fiete atmet erleichtert auf: „Aber was ist, wenn mir das Wasser zu kalt ist?“ Jetzt muss Papa lachen. „Dann musst du dich kurz überwinden. Sobald du dich bewegst und ans Wasser gewöhnt hast, sollte es gehen. So und jetzt wird geschlafen.“ Papa hebt die Bettdecke hoch und Fiete kuschelt sich darunter. „Gute Nacht, Papa!“

Am nächsten Tag holt Papa Fiete mit den Schwimmsachen beim Kindergarten ab. „Hast du meine Dinobadehose eingepackt?“, möchte Fiete wissen. Papa nickt. „Mein Handtuch mit den Sternen auch?“ Papa nickt wieder. „Und etwas zu essen?“ Papa grinst: „Ja, auch etwas zu essen.“ Als sie an der Schwimmhalle ankommen, fängt es in Fietes Bauch zu kribbeln an. „Ich glaube, ich traue mich doch nicht“, sagt er leise. „Pass‘ auf, wir machen es so: Ich komme mit ins Schwimmbad und bleibe so lange, bis es du sagst, dass ich gehen kann“, schlägt Papa vor. „Ok“, stimmt Fiete zu und nimmt Papas Hand. Am Eingang des Schwimmbads werden sie freundlich begrüßt: „Hi, wir sind Simon und Tessa, die Schwimmtrainer.“ Die beiden lächeln Fiete aufmunternd zu. „Wer bist du?“ „Ich bin Fiete“, sagt er mit wieder festerer Stimme. „Schön, dass du da bist, Fiete“, sagt Tessa. „Wir freuen uns auf den Schwimmkurs mit dir.“ Plötzlich ist Fietes Nervosität wie weggeblasen. Tessa und Simon sehen nett aus und er freut sich ja darauf, endlich schwimmen zu lernen. Ich schaffe das alleine, denkt er und zieht an Papas Pulloverärmel: „Du kannst mich nachher abholen.“ „Alles klar“, sagt Papa und winkt. „Viel Spaß!“

Als Fiete anderthalb Stunden später wieder aus der Schwimmhalle herauskommt, grinst er. „Das war sooo cool!“, begrüßt er Papa. Schnell steigt er ins Auto – er möchte Ida zuhause alles ganz genau erzählen. Als sie auf die Auffahrt ihres Grundstücks fahren, sitzt Ida auf der Haustreppe und liest. Sie hört das Auto und schaut von ihrem Buch auf. „Erzähl! Wie wars?“, möchte sie sofort wissen. „Richtig gut“, sagt Fiete fröhlich. „Ich habe mich sogar ganz alleine ohne Papa getraut!“ Ida hält den Daumen hoch: „Cool!“ „Tessa und Simon, meine Schwimmtrainer, sind total nett. Heute haben wir uns alle kennengelernt und das Schwimmbecken angeschaut“, erzählt Fiete begeistert. „Dann sollten wir unsere Arme im Wasser bewegen. Und wir haben jeder ein Brett bekommen, daran mussten wir uns festhalten und dann haben Anna und Simon uns daran durchs Wasser gezogen. Es hat sich ein bisschen so angefühlt, als würde ich schweben.“ „Also gehst du morgen wieder hin?“, fragt Ida. „Klar!“, ruft Fiete. „Ich freue mich schon total!“ „Hab‘ ich dir doch gesagt, dass das richtig viel Spaß macht“, sagt Ida. „Manchmal muss man etwas erst selbst ausprobieren, um das festzustellen“, meint Papa. Fiete zuckt mit den Schultern. „Tessa hat gesagt, dass wir für das Seepferdchen Baderegeln lernen müssen. Kannst du die mit mir üben?“, bittet er Ida. „Logo! Die habe ich drauf! Hatten wir gerade erst beim Schwimmunterricht in der Schule!“

In der nächsten Zeit geht Fiete drei Mal in der Woche zum Seepferdchenkurs. Sein Ziel: Noch bevor der Sommer vorbei ist, möchte er schwimmen können. Weil Tessa und Simon gesagt haben, dass sie Fiete nicht verraten, in welcher Stunde er sein Seepferdchen macht, damit er vorher nicht unnötig aufgeregt ist, übt er sicherheitshalber regelmäßig mit Ida die Baderegeln. „Los geht’s: Kannst du mir sagen, worauf man im Schwimmbad achten muss?“, beginnt Ida. Fiete überlegt kurz, dann zählt er auf: „Also, ich darf nicht alleine schwimmen, sondern nur mit Erwachsenen ins Wasser gehen und muss darauf hören, was sie mir sagen. Und ich muss auf die anderen Menschen im Schwimmbad achten.“ „Gibt es auch Dinge, die du vor dem Schwimmen beachten musst?“, möchte Ida nun wissen. „Ja!“, weiß Fiete. „Man soll nicht mit vollem Magen schwimmen und nicht ins Wasser rennen.“ „Das hast du dir richtig gut gemerkt“, findet Ida. „Wir haben im Schwimmunterricht in der Schule neulich auch über die Regeln an Seen oder Flüssen gesprochen.“ „Gibt es da noch mehr, was man sich merken muss?“, ist Fiete besorgt. „Ein paar Sachen, aber die kann man sich auch gut merken“, beruhigt Ida ihn. „Wichtig ist, dass man auch draußen nie alleine und nicht an unbekannten Stellen schwimmen geht. Man muss sich von Strömungen oder gefährlichen Bereichen fernhalten und sich vor dem Schwimmen erst abkühlen, vor allem bei kaltem Wasser. Und man darf nicht in unbekannte Gewässer oder an flachen Stellen ins Wasser springen.“ „Oh ja, das kann sonst bestimmt doll weh tun“, kann Fiete sich vorstellen. Ida nickt. „Weißt du auch, was noch total wichtig ist?“ Fiete schüttelt den Kopf. „Dass du in gefährlichen Situationen versuchst, ruhig zu bleiben“, erklärt Ida. „Das ist bestimmt gar nicht so leicht“, glaubt Fiete. „Naja“, sagt Ida. „Die Regeln kennst du auf jeden Fall schon mal!“

Ein paar Tage später kommt Fiete nach dem Schwimmkurs nach Hause und strahlt er übers ganze Gesicht. „Ich hab’s geschafft!“, ruft er. „Ich bin heute vom Rand ins Becken gesprungen und dann eine ganze Bahn geschwommen. Ich habe sogar den Ring aus dem Wasser geholt. Und die Baderegeln wusste ich auch alle!“ „Du hast jetzt also dein Seepferdchen?“, fragt Ida. „Jaaaa!“, kreischt Fiete und macht einen Luftsprung . „Das ist so cool, Fiete“, freut sie sich. „Ich bin richtig stolz auf dich!“ Ida nimmt ihren kleinen Bruder in den Arm. „Ich finde, das ruft nach einem großen Eisbecher zur Feier des Tages“, meint Papa. Fiete kratzt sich am Kinn und denkt nach. „Ein Eisbecher und eine neue Badehose, auf die Mama mein Seepferdchen nähen kann“, feilscht Fiete. Papa stimmt zu: „Abgemacht! Eisbecher und Badehose – das kriegen wir hin!“